NS-Euthanasie

Verlegung und Ermordung von Patientinnen und Patienten im Rahmen der NS-„Euthanasie“

Umnutzung als Reservelazarett und Ausweich­krankenhaus

Als Reservelazarett für den „Mobilisierungsfall“ wurden Ende August 1939 das neue Männerhaus, der Saal des Schwesternheimes und ein Raum im Krankenhaus Rotenburg geräumt. Bereits Ende September brachte die Wehrmacht 300 polnische Kriegsgefangene aus dem Stalag Sandbostel hier unter. Die Patientinnen und Patienten der Rotenburger Anstalten – mittlerweile über 1100 „Pfleglinge“ – mussten in den verbliebenen Räumen zusammenrücken. Im Krieg stieg die Sterblichkeit unter den Insassen an, 1940 starben mit 81 Menschen doppelt so viele wie 1938.

Im Rahmen der nationalsozialistischen Katastrophenschutzpolitik wurde die vollständige Räumung der Anstalt geplant, um ein Ausweichkrankenhaus für Bremen und Hamburg zu schaffen. Von Ende September bis Mitte Oktober wurde die Anstalt bis auf 240 Insassen, die für den Erhalt des Betriebes als Arbeitskräfte gebraucht wurden, geräumt.

„Aufgrund dieser Rücksprachen habe ich keine Bedenken mehr gehabt, die Kranken zu verlegen“

Johann Buhrfeind, Vernehmungsprotokoll vom 3. Juni 1948 (ARW VA 1538)

„Euthanasie“-Morde

Bereits 1939 begann die NS-Führung mit Vorbereitungen zur systematischen Ermordung von psychisch und körperlich Kranken. Im Rahmen der „Aktion T4“, benannt nach dem Sitz der Verwaltungszentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4, wurden Kranke und Behinderte seit Anfang 1940 in eigens eingerichteten Tötungsanstalten mit Gas ermordet.

In Einrichtungen der Inneren Mission wie den Rotenburger Anstalten waren die Insassen vor den Mordaktionen nicht besser geschützt als in nicht-kirchlichen Einrichtungen. Von den 1940 in den Rotenburger Anstalten lebenden rund 1100 Menschen wurden über 800 Menschen deportiert und nachweislich 562 Kranke nach ihrer Verlegung ermordet. Bei etwa 50 Patientinnen und Patienten ist das Schicksal ungeklärt. Etwa 100 Überlebende konnten ausfindig gemacht werden.

Der Begriff der „Euthanasie“ bezeichnet die systematischen Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus als Teil der nationalsozialistischen Rassenhygiene. Weitere Ausführungen zu dem Begriff und seiner Verwendung finden sich von Dr. Ingo Loose auf der Website des Gedenkort T4 unter www.gedenkort-t4.eu/de/wissen/aktion-t4

„Es sind eher zuviel als zu wenig Kranke zu melden. Die Aussortierung erfolgt hier nach einheitlichen Grundsätzen.“

Dr. Linden, Reichsministerium des Innern, in Erlass vom 26. Juli 1940 (zit. in Asmus Finzen, Massenmord ohne Schuldgefühl, Bonn 1996 S. 127)

zwei Phasen

Die Rotenburger Anstalten wurden 1940 dazu bestimmt, ihre Insassen in andere Einrichtungen zu verlegen. Sie sollten im Rahmen der „Aktion T4“ erfasst und ermordet werden. Am 30. Juli und 5. August 1941 wurden 140 Frauen und Männer aus den Rotenburger Anstalten nach Weilmünster verlegt. Hitler stoppte Ende August 1941 die Ermordung der Kranken in Gaskammern, wohl aus Furcht vor Protesten aus dem Ausland und aus der Bevölkerung. Daher starben diese Kranken nicht im Gas, sondern durch Hunger und Vernachlässigung in den Anstalten, in die sie verlegt wurden.

Das Gros der betroffenen Rotenburger Bewohnerinnen und Bewohner wurde im Zuge der Anstaltsräumung im Oktober 1941 in andere Anstalten verlegt. Die meisten von ihnen wurden in der zweiten Welle der „Euthanasie“ mit Medikamenten ermordet oder man ließ sie verhungern.

(Von rechts nach links) Dr. Theodor Steinmeyer, der die externe Ärztekommission leitete,

ein Fahrer, Frau Mennecke, Frau Steinmeyer (s. Verlegt nach Hadamar. Die Geschichte einer NS-„Euthanasie“-Anstalt,

Kassel 2009, S. 78, Slg. Ernst Klee)

Mitwirken der Anstaltsleitung sowie der Ärzte und Pflegekräfte bei den Verlegungen

Mit diesem Formular (Meldebogen 1) wurden die Anstaltsinsassen, hier ein junger Mann aus Bremen, erfasst. Nicht endgültig entscheiden lässt sich, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rotenburger Anstalten die Meldebögen ausfüllten, aber nicht absandten, oder ob sie zum Teil bzw. vollständig versandt wurden. (ARW BA 3422).

Im Juni 1940 erhielten die Rotenburger Anstalten Meldebögen, auf denen sie ihre Kranken erfassen und beurteilen sollten. Zunächst setzte die Direktion darauf, Zeit zu gewinnen. Die Verzögerung gelang bis zum Frühjahr des folgenden Jahres. Am 24. April 1941 traf wie zuvor in Bethel eine externe Ärztekommission in Rotenburg ein, die die Meldebögen für die Anstalt ausfüllte. Vier Ärzte und drei Schreibkräfte „begutachteten“ innerhalb von vier Tagen die über 1100 Insassen der Rotenburger Anstalten.

Nach eigenen Aussagen wirkten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Rotenburg an der Auswahl der zu verlegenden Kranken mit. Sie versuchten offenbar, Patientinnen und Patienten in gutem Licht darzustellen, um Einfluss auf die externen Gutachter zu nehmen. Wer unter den Insassen arbeitsfähig, kooperativ und ansprechbar war, hatte größere Chancen als schwache oder besonders unzugängliche Kranke, in Rotenburg bleiben zu können. Auch regelmäßige Kontakte zu Angehörigen konnten ein gewisser Schutz sein.

„Da wir bereits gerüchteweise von den Maßnahmen in ostdeutschen Heilanstalten gehört hatten und vermuten mußten, dass diese Meldebogen damit in Verbindung stehen, haben wir die Ausfüllung und Absendung der Meldebogen verzögert. Es blieb uns nach verschiedenen Mahnungen nichts anderes übrig, als nach und nach einen Teil der Meldebogen abzusenden. Ich habe die Ausfüllung der Meldebögen mit dem Personal allein gemacht, weil andere Ärzte nicht mehr in der Anstalt waren. […] ich bin bei der Ausfüllung der Meldebögen davon ausgegangen, die Arbeitsfähigkeit nach Möglichkeit günstig zu beurteilen, um eine Verlegung zu vermeiden.“

Dr. Kurt Magunna, Vernehmungsprotokoll 1948 (Abschrift in ARW VA 1538)

„Pastor Unger hatte aus Anstalten der Inneren Mission in Süddeutschland, von denen er herkam, erfahren, daß dort die Ärztekommission geradezu sinnlos gewütet hatte. Die Leitung der Anstalt hatte aus Protest gegen die Maßnahmen jede Mitarbeit abgelehnt. […] Pastor Unger wollte mit mir beraten, ob man es verantworten könne, in dieser Frage auch einen anderen Standpunkt einzunehmen, als den der völligen Ablehnung. […] Pastor Unger hat sich dann meines W. so eingestellt, dass er zwar gegen die Durchführung der Verlegung schärfstens protestiert hat, aber schließlich bei der Auswahl der Patienten und bei der Verlegung nach Möglichkeit mitgemacht hat, um wenigstens einen möglichst großen Teil der Kranken zu retten. […] Wir waren uns dabei bewußt, daß man eine solche Handlung auch anders beurteilen könnte.“

Aussage von Dr. Depuhl, dem Geschäftsführer der Inneren Mission der Hannoverschen Landeskirche, 1948 (ARW VA 1538). Tatsächlich widersetzten sich im württembergischen Stetten Pastor Ludwig Schlaich und der ärztliche Leiter Albert Gmelin, konnten aber letztlich den Abtransport der Patienten nicht verhindern. Ähnliches wird aus dem badischen Kork berichtet. In Illenau in Baden-Württemberg sollen statt der geplanten 50 Patienten nach Einwänden des Leiters Hans Römer 75 Patienten deportiert worden sein.

„Ich habe in verschiedenen Fällen den Arzt darauf aufmerksam gemacht, daß die Kranken, bei denen er von vorn herein einen negativen Eindruck hatte, arbeitsfähig waren und für den Anstaltsbetrieb wertvoll und wichtig waren.“

Aussage von Oberpfleger Friedrich Grützmacher, 1948 (ARW VA 1538)

 

„Die Patienten wurden vom Hausvater Grützmacher, Schwester Auguste Wassermann und Erich Toburg zum Bahnhof begleitet. Innerhalb von vier Wochen waren die Transporte beendet. Die Herren, die sie holten, waren sehr unfreundlich zu den Patienten und dem Personal.
Vierzehn Tage später kamen einige Sachen wieder zurück… Von da an wußten wir erst richtig, was los war.“

Bericht von Erich Toburg, 7. Januar 1975 (ARW VA 1537)

 

„Es sind mir in dieser Zeit Gerüchte über Tötungsmaßnahmen in süddeutschen Anstalten zu Ohren gekommen. Deshalb habe ich gegen diese Verlegungen Bedenken gehabt. Aus diesem Grunde habe ich mich mit dem Regierungspräsidenten in Stade, und seinem ärztlichen Dezernenten, Oberregierungsrat Dr. von Reichwitz in Verbindung gesetzt und zwar nach dem Besuch durch die Kommission von Steinmeier. Der Regierungspräsident war ganz entsetzt als ich ihm diese Gerüchte mitteilte, er gab mir die Anweisung, keine Kommission in die Anstalt zu lassen, wenn sie etwa Patienten abholen wollte. Ich sollte mich dann erst mit dem Landrat und Kreisarzt in Verbindung setzen. Landrat Weber aus Verden hat sich telefonisch mit allen möglichen Stellen in Verbindung gesetzt und hat mir dann mitgeteilt, dass es sich um einen Führerbefehl handelt, den er nicht sabotieren dürfte, sondern zu unterstützen habe. Die wahren Gründe der Verlegung wurden Herrn Weber wohl nicht mitgeteilt. […]   Ich habe auch mit dem zuständigen Dezernenten der Landesverwaltung Dr. Andreae über die Verlegung gesprochen. […,] Auch er hat mir über die wahren Gründe der Verlegung nichts mitgeteilt. […] Aufgrund dieser Rücksprachen habe ich keine Bedenken mehr gehabt, die Kranken zu verlegen zumal es sich bei diesen Transporten schon um den Beginn der völligen Räumung unserer Anstalt zur Errichtung eines Ausweichkrankenhauses für Bremen und eines Reservelazaretts handelte“.

Die Aussage Pastor Buhrfeinds von 1948 lässt viele Fragen offen. Deutlich wird, wie viele unterschiedliche Stellen involviert waren. (ARW VA 1538)

Pastor Buhrfeind, der langjährige Leiter der Anstalt und Vorsteher des Diakonissen-Mutterhauses, zählte sich zur Bekennenden Kirche, die sich gegen politische Instrumentalisierung der Kirche im Nationalsozialismus wandte. Dennoch fand er keinen Weg, die Insassen der Rotenburger Anstalten vor den „Euthanasie“-Morden zu schützen. (Foto undatiert, ARM AN 2)

In Einzelfällen wurden die Familien informiert, um ihnen die Chance zu geben, ihre Angehörigen nach Hause zu holen. In anderen Fällen informierte die Direktion die Angehörigen erst nach dem Abtransport in eine andere Anstalt.

Nach den Räumungen

„Wir haben Abschied genommen von unseren Kranken, von der uns liebgewordenen Arbeit, und unsere Herzen sind weh und wund. Was wir lieb hatten, haben wir ziehen lassen müssen, die leeren Räume starren uns an, und die Zukunft liegt noch dunkel vor uns.“

Predigt zur Beicht- und Abendmahlsfeier, 12. Oktober 1941, d. h. nach Räumung der Anstalt (ARM AN 707)

„Ich freue mich, daß wir werden in das Haus des Herrn gehen.“ Derselbe freudige Ton klang uns aus den Briefen entgegen, die wir neulich aus Weilmünster und Lemgo von unseren Pfleglingen erhielten: „Gestern durften wir in die Kirche gehen“ schrieben sie, und: “Wir freuen uns, daß wir alle 14 Tage zur Kirche geführt werden.“

Predigt von Pastor Unger, 19. Oktober 1941. (ARM AN 707) Allerdings wird er von Briefen aus Lemgo gesprochen haben, da die nach Weilmünster verlegten Kranken nicht schreiben konnten, wie Unger 1963 angab.

Antwort des Direktors an den Vater von Günther Geibel (ARW VA 106)
Schreiben des Vaters von G. Geibel, der versucht Informationen über den Aufenthaltsort seines Sohnes zu erhalten (ARW VA 106)

Schicksal verlegter Patientinnen und Patienten

Oberpfleger Friedrich Grützmacher begleitete einen Transport von Rotenburg nach Weilmünster. Er berichtete, er habe den Pförtner dort gefragt, ob er die mit einem früheren Transport schon verlegten Kranken aus Rotenburg besuchen könne.
Das sei ihm verwehrt worden.

„Ich unterhielt mich danach noch mit dem Pförtner und gab meiner Verwunderung Ausdruck, daß ich nicht hinein könnte. Als ich ihn fragte, ob unsere Patienten überhaupt noch leben, sagte er mir, ich sollte mit solchen Äußerungen vorsichtig sein. Der Ortsgeistliche, der in einer Predigt von der Kanzel von den rauchenden Schornsteinen in Linz gesprochen hatte, sei abgeholt worden.“

[gemeint ist die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz]

In den ersten acht Monaten starben 54 der 70 männlichen Patienten, die Ende Juli nach Weilmünster gebracht worden waren. Die Lebensbedingungen für die Kranken waren in Weilmünster extrem elend. Der Kranken-Seelsorger in Weilmünster gab 1980 an, die Patienten „bekamen nur Gemüse, sind auf den Stationen weiterhin eingegangen, hatten dauernd Durchfall. […] Sie waren nur noch Haut und Knochen“.

(Zitat aus: Zuflucht unter dem Schatten deiner Flügel?, Rotenburg 1992, S. 61)

61 der nach Weilmünster verlegten Frauen starben dort, neun Patientinnen wurden 1944/45 nach Hadamar verlegt und starben vermutlich dort. In Rotenburg kann es über das Schicksal der Verlegten keine Zweifel gegeben haben, da ihre Kleidung nach Rotenburg zurückgeschickt wurde.

Auch nach Kaufbeuren verlegte Rotenburger Bewohnerinnen und Bewohner ließ die dortige Anstaltsleitung verhungern. Sie erhielten sogenannte E-Kost (Entzugskost) ohne Fett, Fleisch und ausreichend Kohlehydrate. Der Anstaltsgeistliche gab an:

„Das Leid der Kranken war entsetzlich, und ich gewann die Überzeugung, daß den E-Kost-Empfängern ein gewaltsamer Hungertod zudiktiert wurde.“

Zitat aus: Zuflucht unter dem Schatten deiner Flügel?, Rotenburg 1992, S. 66

Außerdem wurden die Kranken in Kaufbeuren/Irsee systematisch durch Medikamentengaben – insbesondere Luminal, Veronal, auch Trional und Morphium Scopolamin – umgebracht.
Schockierend sind die detailliert ausgefüllten Gewichtstabellen in den Krankenakten, mit denen das medizinische Personal in den Anstalten Irsee und Günzburg das allmähliche, über einige Jahre ausgedehnte Verhungernlassen von Kranken dokumentierte.

In Rotenburg gebliebene Patientinnen und Patienten

„Weiterhin erlaube ich mir nochmals darauf hinzuweisen, dass der Verbleib der noch vorhandenen Pfleglinge der Heil- und Pflegeanstalt für den Lazarettbetrieb unbedingt lebenswichtig ist, weil es sich ausnahmslos um Arbeitskräfte handelt, die für Landwirtschaft, Gärtnerei, Wäscherei und Küchenbetrieb z. Zt. unersetzlich sind. Der Direktor, I.V.“

Schreiben der Direktion an Reserve-Lazarett, 30. Februar 1942 (ARW VA 661)

Pastor Buhrfeind erreichte, dass 240 Patientinnen und Patienten nicht verlegt wurden, da sie für den Erhalt der Anstalt und vielfältige praktische Arbeiten gebraucht wurden.

Frau B. aus Wittkopsborstel, geboren 1910, erinnerte sich in einem Interview an ihre große Angst, aus Rotenburg abtransportiert zu werden. Dass sie als tatkräftige Mitarbeiterin geschätzt war, schützte sie vor einer Verlegung. In einem Dokument von 1940 hieß es über sie: „Auf der Station sehr brauchbar. Ersetzt eine Pflegerin. Im ganzen ruhig und friedlich, macht die ganze Stationsarbeit.“

(Zitat aus: Zuflucht unter dem Schatten deiner Flügel?, Rotenburg 1992, S. 17)

 

Sie berichtete, die Kleidung der Verlegten sei nach Rotenburg zurückgeschickt worden. Sie ahnte daher, dass mit ihnen „etwas Schlimmes“ geschehen war.

Bewohnerinnen und Bewohner der Rotenburger Anstalten und eine Schwester bei landwirtschaftlichen Arbeiten (Slg. Klaus Brünjes)

Gab es Widerstand gegen die „Euthanasie“-Maßnahmen in der Inneren Mission?

Alarmiert von Informationen zu „Euthanasie“-Maßnahmen in südlichen und östlichen Teilen des Deutschen Reichs, besuchten Paul Gerhard Braune (Vizepräsident des Centralausschusses der Inneren Mission) und Friedrich von Bodelschwingh (Leiter der Anstalt Bethel) einige Minister und Repräsentanten des NS-Staates. Pastor Braune verfasste im Juli 1940 eine Denkschrift, in der er den Stopp der Krankenmorde forderte.

In der Folge verzögerten Heil- und Pflegeanstalten der Inneren Mission die Abgabe der Meldebögen zur Erfassung und Bewertung der Kranken. Daraufhin ließ der Reichsinnenminister die Meldebögen von externen Ärztekommissionen ausfüllen. Die Anstalten versuchten vielfach, einen Teil der Insassen zu retten, indem sie an der Bewertung der Kranken mitwirkten und diese als fleißige Arbeitskräfte und Stützen für den Betrieb der Anstalt darstellten. Damit gehorchten sie der nationalsozialistischen Logik, Menschen in lebenswert und „lebensunwert“ einzuteilen.
So schrieb der württembergische Landesbischof Wurm in einem Schreiben an den Innenminister im Juli 1940: „Es scheint auch bei der Auswahl der für die Lebensvernichtung bestimmten Pfleglinge, jedenfalls im Anfang, sehr wenig sorgfältig verfahren worden sein. Man hat sich nicht auf Verblödete beschränkt, sondern, insbesondere bei Epileptischen, auch arbeitsfähige Pfleglinge herausgeholt.“
Vor ihrem Gewissen versuchten viele Verantwortliche in den Heil- und Pflegeanstalten und den Leitungsgremien der Inneren Mission ihr Mitwirken als Versuch, Schlimmeres zu verhindern, zu rechtfertigen. Zu einer grundlegend widerständigen Haltung konnten sie sich nicht entschließen, der offene Konflikt mit den NS-Machthabern wurde vermieden.

Wie gehts weiter?

Kinder und Jugendliche der NS-Euthanesie