Geschichte der Diakonie

Geschichte der Diakonie

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnen Einzelpersonen den Auftrag, das geistige und leibliche Elend in der Bevölkerung zu lindern, in die Tat umzusetzen. Zuerst in England, später auch in Deutschland werden evangelische Einrichtungen gegründet – mit unterschiedlichen Ansätzen, aber ähnlich karitativ-missionarischer Ausrichtung.

Theodor Fliedner

Theodor Fliedner wird 1822 Pastor in Kaiserswerth (heute Ortsteil von Düsseldorf). Um für seine verarmte Gemeinde Geld zu sammeln, geht er 1823/1824 auf „Kollektenreisen“, die ihn vor allem nach England und in die Niederlande führen. In England lernt er Möglichkeiten und Schattenseiten der Industrialisierung kennen. Aber er sieht auch, wie Männer und Frauen öffentlich für die Nöte der verarmten Unterschicht eintreten. In den Niederlanden bewegt Fliedner die Frömmigkeit der calvinistisch geprägten Menschen zutiefst. Durch sie erlebt er seine persönliche „Erweckung“. Das Erlebte steht Fliedner vor Augen, als er 1835 seine erste Bildungsanstalt gründet, in ihr sollen unverheiratete Frauen die Möglichkeit erhalten, sich zur Krankenpflegerin oder Kindergärtnerin ausbilden zu lassen, um das Elend in den Hospitälern und in den Armenvierteln zu lindern. Die Frauen sollen in einer Lebensgemeinschaft zusammenleben und – nach dem Vorbild des frühchristlichen Diakonissenamtes – „Diakonissen“ heißen. Entscheidend zum Gelingen des Werkes trägt Fliedners Frau Friederike bei. Sie ist für den praktischen Aufbau des Werkes zuständig, zunächst als Mitarbeiterin, ab 1837 als Vorsteherin. Da ihr Mann viel auf Reisen ist, kümmert sie sich um organisatorische Fragen und steht den Diakonissen als Ansprechpartnerin, als „Mutter“ zur Verfügung. Obwohl Friederike Fliedner keine Diakonisse, sondern Ehefrau und 10-fache Mutter ist, wird sie in der von ihr praktischen Selbstverleugnung zum Vorbild ganzer Diakonissengenerationen. Nach dem Tode seiner ersten Frau Friederike (1842) heiratet Fliedner 1843 die Hamburgerin Caroline Bertheau. Caroline Fliedner überlebt ihren Mann um 30 Jahre. Zusammen mit ihrem Schwiegersohn Julius Disselhoff führt sie das Werk ihres Mannes weiter fort. Sie legt u.a. fest, dass sich Diakonissen bei ihrer Einsegnung zu einer lebenslangen Bindung an ihr Mutterhaus verpflichten sollen (Fliedner hatte von einer nur 5jährigen Bindung gesprochen).

Johann Hinrich Wichern

Der evangelische Theologe Johann Hinrich Wichern gründet angesichts des Elends in den Unterschichten 1833 das „Rauhe Haus“ in Hamburg, eine Erziehungsanstalt, in der verwahrloste Jungen aufgenommen, versorgt und unterrichtet werden. Später weitet sich dieses Werk aus: es entstehen Handwerksbetriebe und eine Ausbildungsstelle für junge Männer, wo sie reliogiöse, soziale und handwerkliche Schulung erhalten. In Zeitschriften und auf Vortragsreisen macht Wichern die Öffentlichkeit mit dem Gedanken der „Inneren Mission“ bekannt. 1848 hält Wichern auf dem Wittenberger Kirchentag eine Rede, die die Versammlung so begeistert, dass die Innere Mission als Zusammenschluss der verschiedenen sozialen Aktivitäten offiziell von der evangelischen Kirche anerkannt und Wichern mit der Bildung eines Zentralausschusses beauftragt wird. In Wicherns Konzept ist auch der Dienst der Frauen vorgesehen, allerdings nur in der Rolle als Ehefrau und Mutter oder außerhalb der Familie als mütterliche Pflegerin und Erzieherin in familienähnlichen Einrichtungen. Einer selbstständigen außerhäuslichen Tätigkeit von Frauen steht Wichern ablehnend gegenüber.

Wie gehts weiter?

Geschichte des Diakonissen-Mutterhauses Rotenburg